Schwärzungskurve und Filmempfindlichkeit

Schwärzungskurve

Auf einem Schwarz-Weiss Negativfilm wird mit zunehmender Belichtung eine zunehmende Schwärzung des Films erzeugt. Der Zusammenhang zwischen Belichtung und Schwärzung ist nicht linear. Einerseits ist zur Erzielung einer sichtbaren Schwärzung eine gewisse Mindestbelichtung erforderlich, andererseits kann die Schwärzung einen Maximalwert nicht überschreiten.

Da der Film in der Lage ist einen sehr großen Helligkeitsbereich zu verarbeiten wird zur Darstellung des Zusammen-hangs zwischen Schwärzung und Belichtung eine logarithmische Darstellung. Als Maß für die Schwärzung benutzt man die optische Dichte D des Films, definiert als den Logarithmus der Lichtabschwächung beim Durchgang durch den Film : \begin{equation}D=\log{\left(\frac{I_{vor}}{I_{nach}}\right)},\label{dd}\end{equation} wenn mit $I$ die Lichtintensität vor und nach dem Film bezeichnet wird. Eine optische Dichte von D=1 entspricht einer Abschwächung der Helligkeit um einen Faktor 10.

Trägt man die Dichte $D$ gegen den Logarithmus der Belichtung $H=I*B$, dem Produkt aus Lichtintensität $I$ und Belichtungsdauer $B$, $E=Log(H)$, auf erhält man die charakteristische Schwärzungskurve des Films, in Abbildung 1 idealisiert dargestellt.

Im Bereich keiner oder zu geringer Belichtung hat der Film eine gewisse Grunddichte $D_0$ , üblicherweise als Schleier (oder gray level) bezeichnet. Bei Schwarzweissfilmen für die bildmässige Fotografie liegt $D_0$ typisch im Bereich 0.3, der Film schwächt das durchgehende Licht um einen Faktor $10^{0.3} = 2$ ab. Im Bereich der Sättigung werden maximale Dichten im Bereich von $D = 3$ erreicht, die Lichtschwächung wäre hier ein Faktor $10^3 = 1000$.

Im mittleren Bereich der Schwärzungskurve verläuft diese näherungsweise linear, d.h. Lichtabsorption und Belichtung folgen einem Potenzgesetz. Die Steigung in diesem linearen Bereich, also die Steilheit der Schwärzungskurve, bestimmt die Gradation des Films (genauer der Film-Entwickler-Kombination), definiert durch die Maßzahl \begin{equation}\gamma=\left(\frac{\Delta D}{\Delta E}\right),\label{gamma}\end{equation}.

Für die bildmäßige Fotografie und "normale" Motive benutzt man typischerweise Film-Entwickler-Kombinationen mit einem γ zwischen 0.5 und 0.7, im Bild ist ein γ von 0.7 dargestellt.

Bei einem üblichen Motiv in hellem Tageslicht ist der Unterschied in den Helligkeiten tiefer Schatten und Lichter etwa ein Faktor 30 oder ΔE=1.5. Üblicherweise belichtet man den Film minimal, als so dass die dunkelsten Motivteile gerade eine sichtbare Schwärzung aufweisen. Man nutzt also für die bildwichtigen Teile nur einen relativ kleinen Bereich der Schwärzungskuve, im Bild grau hinterlegt dargestellt. Filmdichten oberhalb D=2 sind Spitzlichtern vorbehalten.

Zur Illustration zeigt Abbildung 2 ein reales Beispiel einer densitometrisch gemessenen Schwärzungskurve und ein mit der gleichen Film-Entwickler-Kombination aufgenommenes Bild.

Das tiefste Schwarz, d.h. die geringste Filmdichte (Punkt 1), liegt ca. ΔD=0.2 oberhalb des Schleiers, Hauttöne (Punkte 2 und 4) im Bereich D = 1, die hellsten Stellen (Punkte 7 und 8) bei einer Filmdichte von D=1.5.

Definition der Filmempfindlichkeit

Für die Definition der Filmempfindlichkeit wurden historisch verschiedene Verfahren angegeben, hier werden nur die beiden für die bildmäßige Fotografie wichtigen dargestellt. Eine bereits 1934 beschriebene Methode ist heute (seit 1996) in ISO 6 definiert, durch sie wurde die DIN Norm 4512-1 ersetzt. Sie benutzt zur Festlegung der Filmempfindlichkeit die notwendige Belichtung $H_m=10^{E_m}$ bei der die Schwärzung $ΔD = 0.1$ über dem Schleier erreicht, siehe Abbildung 3 links. Bei korrekter Entwicklung liegt die Filmdichte am Punkt $E_n=E_m+1.3$ dann um 0.8 über der am Punkt $E_n$ . Die mittlere Steilheit, oft als $β$-Wert bezeichnet, definiert durch die Punkte $E_m$ und $E_n$ beträgt dann 0.8/1.3=0.61. Das ist für die in der linken Abbildung (nach DIN) gezeigte mittlere Schwärzungskurve der Fall. Zur absoluten Definition der Empfindlichkeitsskala wird die erforderliche Belichtung am Punkt $E_m$ für einen Film der Empfindlichkeit 1 DIN auf $H_m=10^{E_m}=0.8\;lux\,sec$ festgelegt. Man erhält auf diese Weise einen Wert für die arithmetische Empfindlichkeit $S=0.8/H_m$. Die in der Praxis gebräuchliche ISO Empfindlichkeit wird durch Rundung auf 1/3 Blendenstufen ermittelt.

Beispiel: für einen Film wird eine Normbelichtung von $H_m=0.007\;lux\,sec$ gemessen. Seine arithmetrische Empfindlichkeit wäre dann $S=0.8/0.007=114.3$. Die 1/3-Blenden ISO-Skala in diesem Bereich ist 80-100-125, der nächstliegende Wert ist 100, folglich hätte der Film eine Empfindlichkeit von ISO 100.

Als Normbelichtung wird eine Belichtung definiert bei der der geometrische Mittelwert der Helligkeiten des Objekts $H_g=11.38*H_m$ beträgt. Das ist äquivalent zur Forderung dass der arthmetische Mittelwert der logarthmischen Helligkeiten (Blendenstufen) $E_g=E_m+1.06$ ist. Wie Abbildung 3 zeigt führt das zu einer mittleren Filmdichte von D=1 über dem Schleier.

Zur Bestimmung der relativen Empfindlichkeit, bezogen auf einen "Normfilm", reicht die Kenntnis dass für eine Halbierung (Verdopplung) der Empfindlichkeit sich $E_m$ um $± 0.3$ ändert. Die von mir ermittelten Empfindlichkeiten beziehen sich alle auf Tmax 400 als Normfilm entwickelt in Kodak Tmax Entwickler der eine praktische Empfindlichkeit von ISO 400 bei konstanter Steigung von 0.6 ergibt.

Neben der Definition nach DIN wurde von der American Standards Association (ASA) eine Definition vorgeschlagen die darauf basiert für Schattendetails einen minimalen Kontrast zu verlangen. Dazu geht man wie folgt vor: der normale Objektumfang wird mit ΔE=1.5 (= 5 Blenden) angenommen. Innerhalb eines Bereiche $ [E_1,E_1+1.5] $ definiert man die mittlere Steigung $β$ und bestimmt dann $E_m$ derart dass am Punkt $E_1$ eine Steigung von $ γ(E_m)=0.3 β $ erreicht wird. Das Verfahren ist in Abbildung 3 rechts (nach ASA) dargestellt. Das so bestimmte mittlere $β$ wird im Folgenden als Kontrastindex “CI” bezeichnet.

Neben diese akademischen Definitionen gibt es das auf praktischer Erfahrung basierende Zonensystem von Ansel Adams. Auch hier ist die Zone I so definiert dass sie einen Grauwert von $ΔD = 0.1$ über dem Schleier produziert. Für eine normale Entwicklung (N±0) folgt die Abfolge der Zonen dann einer Zunahme der Schwärzung mit einer Steilheit von $ γ$ =0.6 und entspricht damit der oben genannten Empfindlichkeitsdefinition.

Beide Definitionen orientieren sich an einem Punkt minimaler Schwärzung und berücksichtigen die individuelle Steilheit der Schwärzungskurve nicht. Sie sind gut geeignet sofern die Filme “nach Norm” entwickelt sind. Aus Gründen der Bildgestaltung kann es wünschenswert sein, den Film zu größerer oder geringerer Steilheit zu entwickeln. In diesem Fall ist es zweckmässig die Filmempfindlichkeit so anzupassen dass eine mittlere Dichte der “Normbelichtung” von D=1 erreicht wird. Die Abbildung 4 illustriert dies. Im linken Bild wird der Film zu höherer Steilheit entwickelt, nominell ändert sich die ISO-Empfindlichkeit nicht. Belichtet man nach dieser liegt der gesamte Schwärzungsbereich der bei einem normal entwickelten Film um D=1 zentriert wäre bei hohen bis sehr hohen Filmdichte (rote Symbole). Durch Verringerung der Belichtungszeit, d.h. einer effektiven Erhöhung der Filmempfindlichkeit (im Beispiel von ISO 100 auf ISO 320) zentriert man den Schwärzungsbereich wieder um D=1 (grüne Symbole).
Im rechten Bild der umgekehrte Fall, der Film wird weicher als nominal entwickelt. Hier erhält man ohne Anpassung der Filmempfindlichkeit Negative mit durchgehend geringer Schwärzung, Verlängerung der Belichtungszeit d.h. effektive absenkung der Filmempfindlicheit (im Beispiel von ISO 100 auf ISO 40) bringt die Schwärzung wieder in den zentralen Bereich.

Abb.4: Illustration der Anpassung der Belichtungszeit an die Steilheit der Schwärzungskurve und Definition der D1-ISO Empfindlichkeit.

Dieser Zusammenhang ist auch die Grundlage der meisten sogenannten “push” Entwicklungen zur Steigerung der Filmempfindlichkeit: durch verlängerte Entwicklungszeit oder gesteigerte Aktivität des Entwicklers (z.B. geringere Verdünnung): Durch eine höhere Steilheit der Schwärzungskurve können die mittleren und hellen Bildpartien mit geringerer Belichtung im Bereich mittlerer Filmdichten platziert werden. Dabei geht allerdings die Schattenzeichnung zwangsweise verloren da die dunklen Bildpartien in den Bereich des Schleiers abrutschen. Das lässt sich anhand der Graustufen des Zonensystems sehr gut illustrieren:

Abb.5 : Steilheit und Empfindlichkeit bei der push (N+) Entwicklung im Beispiel des Zonensystems auf dem Negativ und dem daraus resultierenden Positiv.

Bei einer normalen Entwicklung (N) werden die Zonen 0 -X auf dem Negativ mit einer Schwärzung von 0.1 über Schleier bis maximaler Schwärzung abgebildet. Belichtet man den Film bei gleicher Entwicklung um 2 Blenden unter geht die Zeichnung in den ersten beiden Zonen (Schatten) verloren, gleichzeitig wird keine maximale Schwärzung im Negativ erreicht, im Positiv bleiben die Lichter grau. Dies kann man durch eine N+2 Entwicklung kompensieren. Jetzt werden Mitteltöne und Lichter wieder richtig dargestellt, die Schattenzeichnung kann auf diesem Wege nicht wieder hergestellt werden. Die Abfolge der Graustufen ist bei der push-Entwicklung komprimiert, d.h. die Steilheit der Schwärzungskurve nimmt zu. Im Beispiel einer N+2 Entwicklung um ca. einen Faktor 1.3, also auf $ γ$ =0.8 wenn man von $ γ$ =0.6 für die Normentwicklung ausgeht. Allerdings hat man auch bei dieser push-Entwicklung noch mehr als die für einen “normalen” Kontrastumfang von 5 Blenden notwendigen Bereich (Zonen) zur Verfügung. Die größere Negativhärte kann im Positivprozess ausgeglichen werden.

Abb.3: Illustration der Definition der Filmempfindlichkeit nach DIN (ISO 6 Norm) links und nach dem ASA Verfahren rechts.

Abb.2: Densitometrisch gemessene Schwärzungskurve links und Bildbeispiel mit eingezeichneten Schwärzungspunkten rechts.

Abb.1: Idealisierte Schwärzungskurve