Charakterisierung von Film-Entwickler-Kombinationen
Die Kornstruktur analoger Aufnahmen (hier speziell Schwarz-Weiß-Aufnahmen) ist ein wichtiges Charakteristikum in dem sich analoge und digitale Bilder wesentlich unterscheiden. Die Kornstruktur ist keinesfalls nur eine Begrenzung analoger Technik sondern ein Gestaltungsmittel.
Die charakteristische Kornstruktur analoger Aufnahmen resultiert daraus, dass die Bildschwärzung aus unregelmäßig verteilten und auch in ihrer Größe und Struktur unterschiedlichen Silberkristallen besteht. Diese entstehen bei der Belichtung und nachfolgender Entwicklung aus den in einer Gelatineschicht eingelagerten Silberbromid-Kristallen (der Emulsion) durch Reduktion des Silbebromids zu metallischem Silber. Die wichtigsten Eigenschaften zusammengefasst:
Die einzelnen Silberkristalle (das Silberkorn) haben eine typische Größe im Bereich $0.2 - 1 \mu m$ und sind bei einer “normalen” optischen Abbildung des Negativs nicht direkt sichtbar. Beispiel: ein sehr gutes Vergrößerungsobjektiv wie das Apo-Rodagon 2.8/50mm hat bei optimaler Blende 5.6 für 20 LP/mm eine MTF von 0.88 (Herstellerangabe) was einer point spread function mit $\sigma = 4 \mu m$ entspricht.
Die im Bild sichtbare subjektive Körnigkeit (engl. graininess) einer gleichmässig beleuchteten Fläche ist das Ergebnis der durch die begrenzte Auflösung unscharfen Abbildung der unregelmässigen Kornstruktur (engl. granularity).
Eine von KODAK entwickelte quantitative Maßzahl ist die RMS Granularität (1) , nach Studien wie z.B. (2) charakterisiert diese die visuell empfundene Körnigkeit des Bildes.
Wie die RMS Granularität definiert ist und wie sie hier gemessen wurde findet man hier —-> Details.Gegenüber der klassischen von KODAK entwickelten Methode erlaubt meine Methodik zusätzlich die Bestimmung der sichtbaren Strukturgröße des Korns, d.h. der typischen Skala der Hell-Dunkel Schwankungen die sich aus der darunterliegenden Korngröße zusammen mit Kornzusammenballungen und der optischen Auflösung ergibt.
1) eg. KODAK Technical Publication E-58
2) Smith, Jack C., "The measurement of RMS granularity of black and white photographic materials using a visual comparison technique" (1980). Thesis. Rochester Institute of Technology.
RMS Granularität
Abb 1: RMS Granularität für verschiedene Filme und Entwickler.
Abbildung 1 zeigt die gemessene RMS Granularität für die 36 im Detail untersuchten Film-Entwickler-Kombinationen. Als Referenz ist zusätzlich der Dokumentenfilm SPUR Ultra R 800 hinzugefügt. Nach KODAK sollte der RMS Werte für normale Filme zwischen 5 und 50 liegen.
Wie nicht anders zu erwarten ist zunächst der Filmtyp für die Granularität entscheidend. Hochempfindliche Filme weisen typischerweise eine höhere Granularität auf als niedrigempfindliche.
Bei den niedrigempfindlichen Filmen fällt auf, dass TMX (KODAK Tmax100) im Mittel eine geringere Granularität aufweist als der vergleichbare Ilford Flim Delta100 und auch feinkörniger ist als der wesentlich unempfindlichere (klassische) Ilford PanF.
Ein ähnliches Bild bei den Filmen der ISO 400 Klasse: TMY (KODAK Tmax400) ist im Mittel etwas feinkörniger als Delta400 der, obwohl Flachkristallfilm, eine ähnliche Granularität aufweist wie der Klassiker TriX.
Entwickler: Geraden bei den Filmen den ISO 400 Klasse ist der Einfluß des Entwicklers deutlich größer als der Unterschied zwischen den Filmtypen. Je nach Entwickler kann die Granularität um ca. einen Faktor 1.5 - 2 verändert werden, ähnlich auch beim Delta100.
Wie erwartet zeigt sich, dass Rodinal bei allen Filmen eine ausgeprägte Granularität erzeugt während XTOL durchgehend feinkörnig arbeitet. Auffallend ist, dass SPUR SD2525 mit Ilford Delta100 eine sehr geringe Granularität liefert während es mit allen anderen Filmen eher am oberen Ende zu finden ist. Der klassiche Metol-Hydrochinon-Entwickler KODAK D76 liefert bei allen Filmen eine sehr akzeptable bis gute Granularität.
Kornstruktur: Übersicht
Sichtbare Strukturgröße
Neben der RMS Granularität erlaubt die Auswertung der Mikroskopbilder auch die Bestimmung der visuellen Strukturgröße des Korns die sich aus der Faltung der mikroskopischen Kornstruktur mit der Auflösung der optischen Abbildung ergibt. Simulationsrechnungen zeigen, dass diese bei optimaler Abbildung im Grenzfall sehr feinen Korns bei etwa $3\mu m$ liegt. Abbildung 2 zeigt für alle 6 Filme den Zusammenhang zwischen RMS Granularität und der visuellen Strukturgröße.
Abb. 2: RMS Granularität und sichtbare Strukturgröße der Kornstruktur für alle Filme und Entwicklerkombinationen.
Bei TriX und insbesondere Delta400 ist die Korrelation zwischen RMS Wert und Strukturgröße klar zu erkennen, die Kornstrukturen werden, abhängig vom Entwickler, größer und akzentuierte was sich in einem höheren RMS-Wert ausdrückt. Bei Tmax400 (TMY) variiert der RMS Wert ähnlich deutlich wie bei den beiden anderen Filmen der ISO 400 Klasse, die Strukturgröße ist aber nahezu konstant.
Bei den niedrig empfindlichen Filmen reagiert Delta100 am deutlichsten auf unterschiedliche Entwickler währen Tmax100 (TMX) mit allen getesteten Entwicklern sehr geringe Kornwerte, sowohl in der RMS Granularität wie in der Strukturgröße aufweist.
Abbildung 3 zeigt zur Illustration die Kornbilder (Fläche mit optischer Dichte D=1) für die 4 Flachkristallfilme und jeweils XTOL und Rodinal.
XTOL liefert in allen Fällen ein weicheres Korn während Rodinal das Korn deutlich mehr akzentuiert (höhere RMS-Werte) und insbesonderen bei den Ilford Filmen Delta100 und Delta400 auch die Strukturgröße erhöht.
Alle 36 Kornbilder finden sich zusammen mit den Bildern zum Auflösungsvermögen und zur Kantenschärfe auf den —-> Einzelseiten der Filme.
Der Zusammenhang zwischen RMS Granularität, Auflösung und Kantenschärfe wird auf ——> diesen Seiten vorgestellt.